[126] Hügel! nicht der Ahnen graue Zierde,
Nicht der Feldherrnstab,
Nicht des Bergbeherrschers Schimmerwürde,
Die dein Fürst dir gab;
Nicht der Muth des rüstigen Soldaten,
Nicht die Thätigkeit,
Die zu künft'gen, lorbeerreichen Thaten
Deine Krieger weiht;
Sei am Tage, da das Licht dich küßte,
Inhalt vom Gesang;
Wenn ich dich als Krieger loben müßte,
Säng' ich nur aus Zwang.[126]
Aber frei, wie Bäche sich vom Felsen,
Voll, wie Ströme sich
Von Gebirgen in die Thäler wälzen,
Sing' ich, Hügel, dich!
Dich, den Edlen, der in frommer Stille
Oft im Glutgebet
Mit des Christenherzens ganzer Fülle
Für die Menschen fleht;
Dich, der mit dem hohen Kriegermuthe
So viel Huld vereint,
Daß er selbst beim Schwunge seiner Ruthe
Aus Erbarmen weint;
Dich, den Sanften, dem vom Munde selten
Donnersprach' entwischt,
Und wenn ihn der Frevler zwingt zu schelten,
Gnade drunter mischt.
Dich, den treuen, dich, den liebevollen
Zärtlichen Gemahl,
Dem der Gattin Wonnethränen rollen,
Thränen ohne Zahl;
Dem die Kinder froh entgegen fliegen!
Ihres Lebens Ruh',
Ihre Stütz' und Vorbild, ihr Vergnügen,
Bist als Vater du.
Dich, den nie die grinsende Schikane
Nah' am Throne schreckt,
Weil den Freund der Tugend Gottes Fahne
Schützet und bedeckt.
Dich, der voller Mitleid sich zum Armen
Sanft herunter neigt,
Und dem Gram sein Auge voll Erbarmen
Auch im Kerker zeigt.[127]
Bin ich nicht verlassen und gefangen
Hier im Kerkergrab?
Trocknest du nicht von erbleichten Wangen
Mir die Zähren ab?
Edler Mann, ich habe viel erfahren,
Unaussprechlich viel;
Mancher Harm in neun durchächzten Jahren
Quetschte mein Gefühl;
Aber als du kamst, da kam die Güte,
Hügel, mit dir her,
Und die heiße Wunde im Gemüthe
Fühlt' ich kaum noch mehr.
Ach, so nimm das Opfer meiner Lieder,
Das gen Himmel steigt;
Doch die Thränen stürzen strömend nieder,
Und die Muse schweigt.
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro