Die wegen ihres schwehren Kreutzes hefftig geängstete und sehr geplagte, nunmehr aber durch reichen Trost kräfftig erquikkete und wieder auffgerichtete Seele danket dem grossen Gott und getreuen Vater im Himmel mit nachfolgendem Liede

[310] Welches kan gesungen werden nach der Melodie meines sonst wolbekanten H. Liedes: Von Gnade wil ich singen, u.s.w.


1.

Ich wil den Herren loben,

Denn er ist meine Stärk';

Er selbst hat mich erhoben,

So daß ich seine Werk'

In aller Welt muß preisen.

Der Herr kan Hülff' erweisen,

Der Herr ist sanft und mild,

Er bleibt mein Hort und Schild.


2.

Der Herr hat nicht gespahret

An mir sein' höchste Treu,

Der Herr hat mich bewahret,

So daß ich sorgen frei

Gesessen unterm Hügel

Und Schatten seiner Flügel;

Der Herr hat mich, sein Kind,

Errettet gar geschwind'.
[310]

3.

Es muß mein Hertz sich freuen,

Daß du so gnädig bist.

Herr Gott, mein Mund sol schreien,

Daß ich in kurtzer frist

Dein heilsahm Hülff' empfunden

Und alles überwunden,

Was mitten in Gefahr

Mir höchst erschreklich war.


4.

Du bist ein Schutz der Armen,

Ein Schutz zur Zeit der Noht,

Bei dir gilt nur Erbarmen;

Drum ich, wenn schon der Tod

Gahr hart auff mich getroffen,

Dennoch auff dich wil hoffen;

Denn wer dein Angesicht

Fest sucht, der fehlt hie nicht.


5.

Es ist an allen Ohrten

Dein Nam', O Herr, so groß,

Daß ich es auch mit Wohrten

Nicht kan erzehlen bloß:

Es preisen dich die Kinder,

Die Säugling' auch nicht minder,

Ja Luft, Feur, Erd' und Meer

Gehn lobend dich daher.


6.

Du hörest uns in Nöhten,

Dein Nahm', Herr, schützet mich.

Wil uns die Trübsahl tödten,

So hilffst du wunderlich.

Du gibst, was wir begehren,

Und wenn uns hart beschweren

Die Plagen, ist dein' Hand

Von Raht und Taht bekant.


7.

Was sol ich denn viel quählen

Mein Hertz mit Furcht und Streit?

Dir darff ichs nur befehlen,

Dein Hülff' ist stets bereit.

Du bist mein Liecht, mein Leben:

Für wem solt' ich denn beben?

Du bist mein Heil und Krafft,

So mir Errettung schafft.


8.

Es sol kein Angst noch grauen

Mich überfallen mehr;

Auff dich wil ich nur schauen,

Du gibst mir schnell Gehör,

Im fall' ich zu dir schreye

Und mich dadurch entfreye

Der grimmigsten Gefahr,

Die mir so nah' offt war.


9.

Ich werd', O HERR, nicht sterben

In einer solchen Noht,

Welch' uns bringt ins Verderben,

Beschleunigt offt den Tod.

Ich weis, du läst mich leben,

Auf daß ich könn' erheben

Dein' Allmacht, Güht' und Treü,

Der ich mich ewig freü.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 310-311.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Chamisso, Adelbert von

Peter Schlemihls wundersame Geschichte

Peter Schlemihls wundersame Geschichte

In elf Briefen erzählt Peter Schlemihl die wundersame Geschichte wie er einem Mann begegnet, der ihm für viel Geld seinen Schatten abkauft. Erst als es zu spät ist, bemerkt Peter wie wichtig ihm der nutzlos geglaubte Schatten in der Gesellschaft ist. Er verliert sein Ansehen und seine Liebe trotz seines vielen Geldes. Doch Fortuna wendet sich ihm wieder zu.

56 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon